Teams erfolgreich aus dem Homeoffice ins Grossraumbüro begleiten

So, da sind wir jetzt. Die meisten von uns haben mehrere Monate bis zu einem Jahr Homeoffice hinter sich. Wir mussten uns sozial distanzieren und haben das mit Bravour erledigt. Ich spüre, dass sich meine Fähigkeiten zur sozialen Beziehungsgestaltung im direkten vor Ort Kontakt stark verändert haben.

Diese Gedanken gehen mir dazu durch den Kopf:

Ich als Person:

  • Ich fühle mich heute überfordert, wenn ich mit mehr als zwei Personen gleichzeitig im direkten Kontakt interagiere.
  • Ich fühle mich heute überfordert, wenn ich nebst der Mimik jetzt auch wieder die Körpersprache (und das von mehreren Personen gleichzeitig) in meine Kommunikationskanäle integrieren darf. Da brauche ich deutlich länger, diese zu Analysieren und Schlüsse daraus zu ziehen.
  • Ich fühle mich schneller als früher von den Emotionen meines Gegenübers überfordert.
  • Ich werde schnell müde in der direkten Interaktion, in einem Gespräch etc.
  • Ich stelle mir vor, dass ich z.B. von den vielen Eindrücken bei einem vor Ort Workshop (den ich auch noch leite) sehr schnell ans Limit komme.

Ich in der Beziehung zu anderen:

  • Ich frage mich, ob die Beziehungen, die sich Online gebildet haben, der vor Ort Wahrheit standhalten? Auf wen kann ich zählen? Wer wird mir vor Ort fern sein? Was wird mich vielleicht sogar abstossen bei wem? Denn wir wissen, dass wir Online die Menschen nicht in ihrer Gesamtheit wahrnehmen. Es gibt blinde Flecken. (Die gibt es ja immer. Bei Online sind sie einfach noch viel grösser!) Diese blinden Flecken werden vor Ort teilweise sichtbar. Was mache ich, wenn ich zu einem Menschen mich online hingezogen gefühlt habe, dies jetzt aber vor Ort sich nicht bewahrheitet?
  • In der Online-Distanz habe ich mich teilweise freizügiger gezeigt, als vor Ort. Warum auch nicht, meine sozialen Interaktionen waren unter der Woche oftmals auf diesen beruflichen Online-Austausch beschränkt. Damit ich mein Bedürfnis nach sozialer Nähe in dieser Zeit stillen konnte, habe ich mich geöffnet. War auch nicht schmerzhaft, vom Gegenüber hat mich in jeden Fall immer eine Glasscheibe getrennt. Wie gehe ich jetzt mit dieser Freizügigkeit vor Ort um? Wenn ich mich wieder verschliesse, wie gehen dann die anderen damit um?
  • Ich frage mich, wie die anderen diese soziale Distanz erlebt haben. Was ängstigt, freut oder beunruhigt sie an dieser massiven Veränderung zurück ins Grossraumbüro?

Wir als Team:

  • Ich frage mich, wie sich vor Ort die neuen Online-Zeremonien und -Rituale verändern werden.
  • Gelten jetzt wieder die „alten“ Regeln und Normen von vor Corona? Oder nicht?
  • Im Homeoffice haben sich neue Subgruppen und Hierarchien innerhalb unseres Teams und in der Organisation gebildet. Werden diese der vor Ort Wahrheit standhalten?
  • Ich frage mich, wie wir uns im Team neu organisieren wollen. Wer wird wann wieviel vor Ort sein? Wie stellen wir sicher, dass wir in dieser neuen Normalität möglichst arbeitsfähig bleiben und uns als Team weiter entwickeln können?

Und gleichzeitig freue ich mich auch sehr darauf, aus dieser sozialen Isolation entlassen zu werden!

Veränderung der Rahmenbedingungen braucht Begleitung und Führung

Als Team Coach sehe ich, dass diese massive Veränderung der Rahmenbedingungen zwingend begleitet werden muss! Das erste Mal, also vom Grossraumbüro ins Homeoffice hat diese Begleitung oftmals gefehlt. Es kam auch sehr überraschend und musste über Nacht umgesetzt werden. Wir waren alle in der Panik Zone und mussten uns als Individuum und Team meist selbst organisieren und wieder arbeitsfähig werden.

Genau dieses Argument steht uns jetzt aber nicht mehr zur Verfügung. Es ist seit einiger Zeit absehbar, dass dieser fundamentale Wechsel der Rahmenbedingungen bevorsteht (zum Glück). Meine Erwartungshaltung an Führungskräfte und Prozessbegleiter (RTE’s, Scrum Master, Kanban Master, Coaches) ist es jetzt aber, die Teams auf diesem Weg zu begleiten!

Nur so können wir sicherstellen, dass die Menschen und die Teams rasch in der neuen Normalität optimal arbeitsfähig werden.

Und weil mir das Thema so am Herzen liegt, habe ich dazu ein Training lanciert: Teams erfolgreich aus dem Homeoffice ins vor Ort Büro begleiten!

Was ist er Unterschied zwischen dem Deming-Kreis und dem OODA Loop?

Viele Menschen kennen den Deming Cycle. Für mich als junger Berufstätiger in der Industrie war er sowas wie ein Held, der Edward Deming. Im Wikipedia Artikel könnt ihr über ihn nachlesen. Er war in den 1950er Jahren als Qualitäts-Experte am japanischen Industrie –Aufbauprogramm beteiligt. Er hat massgeblich das Toyota Production System beeinflusst und Grundlegende Werte und Methoden zur Lean Bewegung beigesteuert.

Als Beobachter und Berater sehe ich oft das viele Führungskräfte und Teams den Deming Kreis nur zu 50% durchlaufen. Planen, Tun, staunen, neu planen und wieder tun. Sehr viele von ihnen vergessen, das es nach dem Tun eine Check Phase braucht. In dieser Phase gwinnen wir Erkentnisse daraus, welche unseren nächsten Plan um so vieles wertvoller machen könnte.
Das könnte ein nächster Beitrag im Blog werden. 🙂

Es gibt aber noch eine weitere „Feedback Schlaufen Logik“. Dieses Modell verdanken wir John Boyd. Es nennt sich OODA Loop. Boyd war im Koreakrieg Pilot in der Amerikanischen Luftwaffe. Er sah, das es einen entscheidenden Vorteil brachte wenn man als Pilot schneller und bessere Entscheide traf als sein Kontrahend. Aus diesem Problem heraus entwickelte er den OODA Loop.

In der Kürzest-Version geht der Loop folgendermassen:

  • Observe – beobachten
  • Orient – orientieren
  • Decide – entscheiden
  • Act – handeln

Hier das detailiertere Schema:

Was ist nun der Unterschied zwischen diesen zwei Modellen und Verhaltensempfehlungen?

Deming war als Mitgründer der Lean Bewegung im Industriellen Umfeld tätig. Die Organisationen mussten mit knappen Ressourcen sehr gute Produkte herstellen. Fokus war es effiziente, verschwendungsarm und qualitativ hochstehende Produkte zu erzeugen. Daher beginnt der Deming Cycle auch mit der Planung. Damit wir gut planen können müssen wir schon vieles wissen.

Wir können Ergebnisse abschätzen und haben eher klare Erwartungen an das Ergebnis. Wir entwickeln uns (Team, Prozess, Produkt, Kultur, etc) evolutionär und kontinuierlich.

Boyd hatte immer wieder Situationen zu bewältigen die sich nicht nach Plänen richteten. Dinge passierten, entwickelten sich und er war gezwungen schnell Hypothesen zu generieren und Aktionen so auszurichten, das sie dem angestrebten Ziel dienten. In seinem Falle ist es logisch, das sich ein Luftkampf in einem Jet über Korea nicht so einfach planen lässt.

Also startet seine Schlaufen-Empfehlung nicht mit einem Plan. Boyd beginnt sein Führugsverhalten zuerst mit Beobachten (observe). Auf der Basis der erkennbaren Muster orientiert er sich (orient). Was erkenne ich? Was wäre eine Handlung welche mich meinem gewünschten Ziel nährer bringt? Wenn die Beobachtung und die Orientierung genügend gut sind, wird die Entscheidung / Hypothese (decide) gestaltet. Er entscheidet welche nächste Handlung ihn nun dem gewünschten Ziel näher bringt. Daraufhing findet der letzte Schritt statt: die Handlung wierd durchgeführt. (act oder Test)

Ich finde es sehr schön das er die Handlung (act) auch als Test seiner Hypothese bezeichnet.

Aus seiner Handlung werden sich nun wieder neue Ereignisse ergeben welche wieder zu Beobachtungen führen. Der Kreis ist geschlossen.

Wie nutze ich das gelesene nun für mich?

Für mich als Coach oder als Führungskraft sind diese zwei Handlungsempfehlungen enorm wertvoll.
Wenn ich in einem Arbeitssystem engagiert bin überlege ich mir unter anderem ob wir in einer Lern- oder in einer Wissens-Situation sind. Sind wir in der Produktion, viele Dinge sind bekannt, wir kennen das Produkt und die Prozesse und streben evolutionäre Veränderung an, dann ist Deming einfach super!

Wenn ich mit einem Team oder einer Organisation arbeite welche in eine komplexen, sich schnell entwickelnden Umfeld operiert, also in einem Lernumfeld, dann hilft mir der OODA Loop viel besser. Beobachten, Orientieren, Hypothese formulieren oder Entscheiden danach durchführen.

Also, wenn ihr den Deming – Cycle nutzt, denkt daran nach dem „do“ nicht aufzuhören und den Cycle ganz zu durchlaufen.

Wenn ihr OODA verwendet schadet es auch nicht wenn ihr ab und zu nach einer „Action“ ein Check oder Retrospektive mit allen beteiligten andenkt.