Warum es keine Definition of Ready (DoR) braucht!

Kürzlich war ich bei einem Team und das Thema: „Wir brauchen eine Definition of Ready (DoR)!“ stand auf der Agenda. Was war das Problem? Das Team bekommt seine Backlog Items (PBI) von einem Product Owner (PO), welcher die Arbeit aus verschiedenen Quellen der Organisation sammelt und zu einem Backlog zusammenschustert.

Natürlich kann nicht jede Person aus dem Team mit den Stakeholdern die Stories ausdiskutieren. Natürlich weiss der PO auch nicht jedes Detail zu der Anforderung. Natürlich muss nun jedes Teammember den Rohdaten zur Anforderung nachschleichen und sich die Informationen zusammensuchen. Natürlich macht das so gar keinen Spass. Natürlich ist das wieder Mal sehr ineffizient. Natürlich warten wir als Team wieder einmal ewig auf die Antworten unserer Fragen. Natürlich schaffen wir die Stories auch in diesem Sprint wieder nicht. Natürlich ist der PO enttäuscht und unsere Kunden auch. Natürlich sind die Schätzungen wieder mal voll für den A****.

Es muss was passieren! Wir wollen doch ein gutes Team sein, richtig agil arbeiten und für unsere Kunden coole Produkte entwickeln!

Der Lösungsansatz ist schnell gefunden. Es gibt sogar einen Namen dafür. Wir führen die Definition of Ready ein! Für jeden Auftrag der in unserem Backlog landet muss ein Minimum an Qualität erreicht sein und ein Set von Anforderungen müssen erfüllt werden. Sonst ziehen wir die Storie einfach nicht in unseren Sprint. Alle Kunden halten sich an unsere Regeln und voilà, es läuft perfekt für uns. Ein Hoch auf die DoR!

Komisch nur, das auch danach die Situation nicht wesentlich besser wurde. Der Scrum Master (SM) hat gewissermassen eine Lebensaufgabe gefunden, allen unseren Kunden die DoR zu erklären. Alle unsere Business Analysten schreiben sich die Finger blutig auf der Suche nach den fehlenden Infos, damit die DoR erfüllt wird. Es ist klar, das auch unser Lieblingskunde wieder mal nicht checkt, das auch er sich an unsere Regeln halten muss. Nach etlichen Sprints zeigt der SM dem Team die Metriken seit der Einführung der DoR. Wir sind nicht schneller geworden. Wir schätzen nicht besser. Wir kriegen nicht mehr Arbeit im Sprint auf Done. War also alles für die Katz?

Lasst uns mal das Problem mit der Brille der Wertschöpfungskette betrachten. Von der Idee bis zur Lieferung an den Kunden sind in den meisten Organisationen mehrere Abteilungen, Teams oder Bereiche notwendig um das coole Produkt oder Service zu liefern. Jedes Element der Wertschöpfungskette wird versuchen das Beste aus dem System raus zu holen und so schnell wie möglich an das nächste Element weiter zu geben.

Immer die Besten Absichten vorausgesetzt, aber dieses Verhalten wird als Lokale Optimierung bezeichnet. Jedes Team/Abteilung optimiert aus seiner lokalen Perspektive heraus. Damit entstehen Silos oder Systemgrenzen. Mal abgesehen, das dies in vielen Fällen ein Push System ist; darüber mehr in einem anderen Blogbeitrag.

An jeder dieses Systemgrenzen brauchen wir einen formalen Übergang von einem System zum Nächsten. Jedes Team produziert für eine Definition of Done (DoD) welche für sie passt. Die DoD beinhaltet jedoch nicht die Anforderungen für das nächste Team. Das nächste Team in der Wertschöpfung wird versuchen ihre Interessen beim vorhergehenden Team durchzusetzen. Wir wünschen uns von euch, das ihr unsere DoR respektiert! Jedes Team wird versuchen die Schnittstelle zum nächsten Team zu Optimieren. Und hier liegt der Grundstein warum auch nach der Einführung der DoR der Spass und der Erfolg ausbleibt.

Würden sich die Teams auf eine wertschöpfungs-übergreifende DoD einigen. Eine DoD welche die Anforderungen von der Idee bis zur Lieferung abdeckt. Dann würde die Wertschöpfungskette nicht künstlich durch die Teamgrenzen unterbrochen. Die Arbeit würde als etwas ganzheitliches durch verschiedene Teams/Abteilungen durchfliessen. Die DoD des Team 1 berücksichtigt die Anforderungen des Team 2 bereits. So auch die DoD von Team 2 zu Team 3 und so weiter. Dies wird natürlich nicht erreicht, indem jedes Team lange über „seine“ DoD nachgrübelt und sich dann stark macht das nur „unsere DoD“ was taugt. Diese, wertschöpfungsübergreifende DoD wird in moderierten Meetings unter den Teams ausgehandelt und entwickelt. Wir sind nun an der globalen Optimierung des Wertstroms angelangt.

Also; wenn es der Organisation gelingt, gute Interaktionen zwischen den Teams zu gestalten, eine DoD entwickelt, welche das Produkt den ganzen Wertstrom entlang begleitet, dann reicht eine DoD völlig aus. Es braucht keine DoR.

Ein Hinweis an die Coaches da draussen… wenn ich ein neues Mandat annehme suche ich die Teams welche eine DoR haben oder einführen wollen. Dann weiss ich schon sehr zuverlässig wie es mit der Wertschöpfungskette und der Kooperation zwischen den Teams steht. 😉

Veröffentlicht von

Ruedi

Rudolf "Ruedi" Gysi Liebt Produkte welche Kunden begeistern und Forscher zum Thema Iterative Produktentwicklung. Versucht Work-Systems und Social-Systems nachhaltig miteinander zu verbinden damit wertvolle Arbeitswelten entstehen.

Kommentar verfassen