In vielen Unternehmen wird die Auslastung der Mitarbeitenden als eine der zentralen Kennzahlen betrachtet. Ein Wert von 80 bis 85% Auslastung ist oft der angestrebte Idealzustand. Mitarbeitende sollen 85% ihrer Arbeitszeit produktiv sein, verrechenbare Stunden erbringen und am Monatsende in der Zeiterfassung einen entsprechenden Wert abliefern. Aus der Perspektive des Managements scheint damit alles in bester Ordnung – die Auslastungsziele werden erreicht.
Doch diese Zahlen vermitteln oft nur eine Illusion der Produktivität. Wie Gunter Dueck in seinen Schriften eindrucksvoll beschreibt, ist eine hohe Auslastung kein Garant für geleistete wertschöpfende Arbeit oder gewünschte Ergebnisse. In vielen Fällen bedeutet sie lediglich, dass Mitarbeitende ihre Zeit verbuchen, unabhängig davon, ob dabei tatsächlich ein Outcome entstanden ist, der einen Mehrwert für das Unternehmen oder den Kunden bringt. Das ist nicht nur eine strategische Fehlannahme, sondern kann zu gravierenden negativen Effekten führen.
Die Kehrseite der Auslastungskultur
Ein solches System, das den Fokus auf Auslastung legt, statt auf echte Resultate und wertschöpfende Arbeit, führt zu einer Reihe von Problemen:
- Motivationsverlust: Wenn das Ziel ist, möglichst viele Stunden auf eine Kostenstelle zu verbuchen, ohne Rücksicht darauf, wie sinnvoll die Arbeit war, sinkt die Motivation der Mitarbeitenden. Sie fühlen sich wie „Zahnräder“ in einem System, das Quantität über Qualität stellt.
- Schlechte Services: Wenn der Druck auf die Mitarbeitenden nur darauf liegt, beschäftigt zu sein, leidet oft die Qualität der erbrachten Leistungen. Es entstehen mangelhafte oder ineffiziente Lösungen, die den Kunden am Ende nicht wirklich weiterhelfen.
- Frustrierte Teams: Wenn Menschen sich mehr mit der Verwaltung ihrer Auslastung als mit ihrer tatsächlichen Arbeit befassen müssen, kann das zu Unzufriedenheit und Frustration führen. Anstatt sinnvolle Ergebnisse zu liefern, dreht sich alles um die Erfüllung von Zeitzielen, die mit den realen Herausforderungen ihrer Arbeit oft wenig zu tun haben.
Wie können Führungskräfte gegensteuern?
Die eigentliche Frage für Führungskräfte sollte nicht sein, wie sie die Auslastung auf 85% halten können, sondern wie sie ein Umfeld schaffen, in dem Mitarbeitende gerne und motiviert arbeiten – und dabei echten Wert schaffen. Das bedeutet nicht, dass Auslastung unwichtig ist, aber sie sollte nicht als alleiniger Maßstab für Produktivität dienen. Führungskräfte sollten den Unterschied zwischen „Beschäftigtsein“ und „Ergebnisse liefern“ klar erkennen und dementsprechend handeln.
Hier einige Überlegungen, die für einen Wandel im Denken hilfreich sein könnten:
- Wie kann eine Führungskraft den Fokus von Auslastung auf wertvolle Ergebnisse verschieben?
- Was würde passieren, wenn Mitarbeitende mehr Freiheit hätten, zu entscheiden, wie sie ihre Arbeit organisieren, anstatt sich auf Zeiterfassungen zu konzentrieren?
- Wie könnte die Arbeitsumgebung gestaltet werden, damit Menschen sich nicht nur beschäftigt fühlen, sondern tatsächlich sinnvolle Beiträge leisten wollen?
- In welchen Bereichen könnte es wertvoller sein, Zeit für Reflexion und Kreativität statt ständiger Geschäftigkeit zu schaffen?
- Wie misst man in einer Organisation echten Fortschritt und Erfolg, wenn die Auslastung nicht mehr die zentrale Kennzahl ist?
Wie denkst du über das Thema Auslastung und echte Produktivität? Sind Auslastungsziele in deinem Unternehmen sinnvoll oder eher hinderlich? Teile deine Erfahrungen oder lass uns darüber sprechen, wie wir gemeinsam eine Arbeitsumgebung schaffen können, in der es nicht um „beschäftigt sein“ geht, sondern darum, echten Wert zu schaffen.
Kommentare sind gerne gesehen. 🙂