Vom Kritikgeber zum Ermöglicher – Selbstorganisation im Team durch positives Verstärken fördern

In der Rolle als Führungskraft oder Scrum Master ist es oft eine Herausforderung, das Team auf seinem Weg zu mehr Selbstorganisation zu unterstützen. Die Versuchung, sich auf die Defizite zu konzentrieren und das aufzuzählen, was nicht gefällt oder nervt, ist allzu präsent. Ständige Kritik kann jedoch schnell abstumpfend wirken und eher eine Kultur der Angst als eine Kultur des Lernens fördern. Doch wie wäre es, wenn Führungskräfte ihren Blick auf das richten würden, was gut funktioniert? Indem wir positives Verhalten aktiv unterstützen und fördern, schaffen wir eine Kultur, die Wachstum und Motivation anregt.

Mit diesem Blogbeitrag möchte ich eine Auswahl an Ansatzpunkten bieten, auf die du als Führungskraft oder Scrum Master achten kannst. Wenn du diese Verhaltensmuster in deinem Team siehst, kannst du sie bewusst fördern und unterstützen – denn was gefördert wird, wächst. Diese Liste ist natürlich nicht vollständig, doch sie bietet eine Grundlage für eine unterstützende Führungshaltung, die auf Stärken und Selbstorganisation setzt.

1. Eigenverantwortung übernehmen

Selbstorganisation bedeutet, dass die Teammitglieder Verantwortung für ihre Aufgaben übernehmen. Wenn du siehst, dass Teammitglieder ihre Aufgaben eigenständig vorantreiben, ohne ständig daran erinnert werden zu müssen, dann ist das ein Zeichen für Eigenverantwortung. Unterstütze dies, indem du dieses Verhalten lobst und weitere Freiheiten gibst.

Beispiele für weiteres positives Verhalten:

  • Teammitglieder informieren das Team regelmäßig über den Stand ihrer Aufgaben.
  • Deadlines werden nicht nur eingehalten, sondern aktiv vorgeschlagen.
  • Teammitglieder ziehen Aufgaben an sich, anstatt auf Anweisungen zu warten.

2. Proaktives Problemlösen

Ein selbstorganisiertes Team wartet nicht darauf, dass Probleme gelöst werden – es handelt proaktiv. Wenn du siehst, dass Teammitglieder Herausforderungen erkennen und eigenständig Lösungen suchen, ist das ein starkes Signal für Selbstorganisation. Lobe dieses Verhalten und gib Raum für eigenständige Experimente.

Weitere Beispiele:

  • Alternativen anbieten, wenn eine Lösung blockiert ist.
  • Frühzeitig um Hilfe bitten, bevor ein Problem eskaliert.
  • Einfach umsetzbare Prozessverbesserungen direkt anwenden.

3. Offene Kommunikation

Ein selbstorganisiertes Team kommuniziert offen und transparent. Wenn Teammitglieder Informationen, Fortschritte und Herausforderungen teilen, ist das ein positives Verhalten, das gestärkt werden sollte. Offene Kommunikation ist der Grundstein für Vertrauen und Selbstorganisation.

Weitere Beispiele:

  • Frühzeitiges Ansprechen von Risiken oder Bedenken.
  • Transparente Statusmeldungen an das gesamte Team.
  • Proaktives Feedback anbieten und aktiv nachfragen.

4. Konstruktiver Umgang mit Konflikten

Konflikte sind in einem selbstorganisierten Team normal und sogar notwendig, um voranzukommen. Ein konstruktiver Umgang mit Konflikten ist daher ein wichtiger Schritt zur Selbstorganisation. Wenn Teammitglieder Konflikte direkt und respektvoll ansprechen, ist das ein Zeichen für Wachstum.

Weitere Beispiele:

  • Aktives Zuhören bei unterschiedlichen Meinungen.
  • Fokus auf gemeinsame Interessen statt auf persönliche Differenzen.
  • Lösungsorientierte Diskussionen statt Schuldzuweisungen.

5. Fokus auf das gemeinsame Ziel

Ein Team, das selbstorganisiert ist, hat ein gemeinsames Ziel vor Augen und arbeitet darauf hin. Wenn du bemerkst, dass Teammitglieder Prioritäten im Sinne des Gesamtziels setzen, solltest du dieses Verhalten stärken.

Weitere Beispiele:

  • Aufgaben priorisieren, die das Teamziel fördern.
  • Ressourcen teilen, um Engpässe zu vermeiden.
  • Entscheidungen im Hinblick auf das Gesamtziel überprüfen.

6. Gegenseitige Unterstützung und Zusammenarbeit

Selbstorganisierte Teams unterstützen sich gegenseitig. Dieses Verhalten zeigt sich, wenn Teammitglieder einander bei Aufgaben helfen, Wissen teilen und Peer Reviews durchführen.

Weitere Beispiele:

  • Peer Reviews anbieten, bevor Aufgaben abgeschlossen werden.
  • Wissen durch Pairing oder gemeinsame Sessions teilen.
  • Schwierigkeiten gemeinsam überwinden.

7. Kontinuierliche Verbesserung

Selbstorganisation bedeutet auch kontinuierliches Lernen. Ein Team, das sich regelmäßig reflektiert und nach Verbesserungsmöglichkeiten sucht, zeigt eine Reife, die gelobt und gefördert werden sollte.

Weitere Beispiele:

  • Neue Methoden oder Tools testen, um die Effizienz zu steigern.
  • Fehler analysieren und präventive Maßnahmen definieren.
  • Regelmäßige Retrospektiven durchführen.

8. Verantwortung für das Gesamtbild übernehmen

Selbstorganisierte Teams denken nicht nur an ihre individuellen Aufgaben, sondern übernehmen Verantwortung für das gesamte Projekt. Wenn du siehst, dass Teammitglieder die Zusammenhänge im Blick haben, unterstütze dies durch mehr Transparenz über das große Ganze.

Weitere Beispiele:

  • Sich für den Erfolg des gesamten Projekts einsetzen.
  • Teammitglieder daran erinnern, wie ihre Arbeit in das größere Bild passt.
  • Engpässe im Team identifizieren und Lösungen vorschlagen.

9. Adaptivität und Flexibilität

Selbstorganisierte Teams sind flexibel und passen sich schnell an neue Anforderungen an. Wenn das Team Veränderungen als Chance betrachtet und sich entsprechend anpasst, ist dies ein Zeichen für eine gesunde Selbstorganisation.

Weitere Beispiele:

  • Aufgaben neu verteilen, wenn sich Prioritäten ändern.
  • Neue Rollen oder Verantwortlichkeiten übernehmen.
  • Flexibel neue Ideen annehmen und umsetzen.

10. Klare Entscheidungsfindung

Selbstorganisation benötigt klare Entscheidungsprozesse. Wenn das Team Mechanismen entwickelt, um schnell und effizient Entscheidungen zu treffen, ist das ein Zeichen für Reife und sollte unterstützt werden.

Weitere Beispiele:

  • Entscheidungsalternativen klar aufstellen und diskutieren.
  • Entscheidungsbefugnisse im Team transparent machen.
  • Getroffene Entscheidungen mit vollem Engagement umsetzen.

11. Selbstreflexion und Feedback geben

Selbstreflexion ist der Schlüssel zur persönlichen und teamweiten Verbesserung. Wenn Teammitglieder Feedback geben und nach Feedback fragen, zeigt dies ein wachsendes Bewusstsein für Entwicklungspotenziale.

Weitere Beispiele:

  • Sich selbst hinterfragen: „Was hätte ich besser machen können?“
  • Positives Feedback direkt und ehrlich teilen.
  • Aktiv nach Feedback zur eigenen Arbeit fragen.

12. Verantwortung für Entscheidungen übernehmen

Ein selbstorganisiertes Team trifft Entscheidungen und steht auch dazu, selbst wenn Risiken involviert sind. Dieses Verhalten zeigt Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und stärkt das Team.

Weitere Beispiele:

  • Getroffene Entscheidungen klar an die Stakeholder kommunizieren.
  • Konsequenzen der eigenen Entscheidungen akzeptieren.
  • Entscheidungen dokumentieren, um bei Bedarf darauf zurückzugreifen.

Fazit: Vom Ermöglichen zum Wachstum

Statt ständig zu kritisieren, was nicht gut läuft, kann eine Führungskraft eine Kultur schaffen, in der positives Verhalten erkannt und bestärkt wird. Die hier beschriebenen Verhaltensmuster bieten eine solide Basis, um die Selbstorganisation deines Teams zu fördern. Sie sind Beispiele dafür, wie aus einer defensiven Haltung eine aktive, motivierende Unterstützung werden kann, die nicht nur die Effizienz des Teams, sondern auch dessen Motivation und Arbeitszufriedenheit steigert.

Versuche, den Fokus von den Schwächen auf die Stärken zu legen, und erkenne die vielen guten Dinge, die jeden Tag in deinem Team passieren. Denn was du förderst, wird wachsen.

Veröffentlicht von

Ruedi

Rudolf "Ruedi" Gysi Liebt Produkte welche Kunden begeistern und Forscher zum Thema Iterative Produktentwicklung. Versucht Work-Systems und Social-Systems nachhaltig miteinander zu verbinden damit wertvolle Arbeitswelten entstehen.

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