In Scrum und in agilen Methoden allgemein können verschiedene Verzögerungstypen auftreten, die den Fluss der Arbeit behindern und die Produktivität eines Teams beeinträchtigen. Diese Verzögerungen werden oft als „Waste“ oder „Impediments“ bezeichnet, da sie den Wertfluss verlangsamen. Hier sind die acht Verzögerungstypen, die häufig in Scrum auftreten, mit einer detaillierten Erklärung:
1. Wartezeit (Waiting)
Definition: Zeit, in der Teams oder Einzelpersonen auf etwas warten müssen, um weiterarbeiten zu können.
Beispiele:
- Ein Entwickler wartet auf die Freigabe von Anforderungen durch den Product Owner.
- Tester warten darauf, dass Entwickler ihre Arbeit abschließen.
- Teams warten auf externe Entscheidungen oder Ressourcen.
Lösung:
- Fördere kontinuierliche Kommunikation zwischen Teammitgliedern.
- Reduziere Abhängigkeiten, z. B. durch Cross-Funktionalität oder Vorplanung.
- Verwende Kanban-Praktiken wie WIP-Limits (Work in Progress), um Engpässe sichtbar zu machen.
2. Unklare Anforderungen (Unclear Requirements)
Definition: Arbeit wird verzögert, weil Anforderungen nicht ausreichend spezifiziert oder verstanden wurden.
Beispiele:
- User Stories im Backlog sind vage oder unvollständig.
- Das Team versteht nicht, was die „Definition of Done“ umfasst.
- Es fehlen Akzeptanzkriterien.
Lösung:
- Sorge für ein gut gepflegtes Product Backlog.
- Nutze Refinement-Sitzungen, um Anforderungen rechtzeitig zu klären.
- Etabliere eine klare „Definition of Ready“, bevor Aufgaben in den Sprint gelangen.
3. Engpässe (Bottlenecks)
Definition: Einzelne Personen oder Ressourcen sind überlastet, wodurch die gesamte Arbeit verzögert wird.
Beispiele:
- Nur ein Teammitglied verfügt über spezielles Fachwissen, das für eine Aufgabe erforderlich ist.
- Bestimmte technische Ressourcen oder Umgebungen stehen nicht zur Verfügung.
Lösung:
- Fördere Wissensweitergabe und Pair Programming.
- Investiere in Automatisierung, z. B. CI/CD (Continuous Integration/Continuous Deployment).
- Nutze Team-Swarming (mehrere Personen arbeiten an einer Aufgabe), um Engpässe zu minimieren.
4. Abhängigkeiten (Dependencies)
Definition: Verzögerungen entstehen, weil Arbeit von anderen Teams oder externen Parteien abhängig ist.
Beispiele:
- Warten auf Feedback von einem anderen Team.
- Externe Anbieter liefern verspätet Ergebnisse.
- Abhängigkeiten zwischen Modulen oder Komponenten.
Lösung:
- Identifiziere Abhängigkeiten frühzeitig und plane entsprechend.
- Implementiere Scrum-of-Scrum-Meetings für teamübergreifende Koordination.
- Strebe nach möglichst unabhängigen, modularen Arbeitsaufgaben.
5. Multitasking (Task Switching)
Definition: Teammitglieder arbeiten an mehreren Aufgaben gleichzeitig, was zu ineffizientem Kontextwechsel führt.
Beispiele:
- Ein Entwickler arbeitet gleichzeitig an zwei Sprints.
- Teammitglieder sind in mehrere Projekte eingebunden.
Lösung:
- Reduziere parallele Arbeiten durch WIP-Limits.
- Priorisiere klar, welche Aufgaben im Fokus stehen sollen.
- Stelle sicher, dass Teammitglieder dediziert auf ein Projekt oder einen Sprint konzentriert sind.
6. Fehlende Kommunikation (Communication Gaps)
Definition: Mangelnde oder ineffiziente Kommunikation führt zu Missverständnissen und Verzögerungen.
Beispiele:
- Ein Teammitglied versteht eine Aufgabe falsch.
- Informationen werden nicht rechtzeitig oder vollständig geteilt.
- Stakeholder sind nicht ausreichend eingebunden.
Lösung:
- Fördere offene Kommunikation in Daily Scrums und Reviews.
- Nutze transparente Tools wie Jira oder Trello, um den Fortschritt sichtbar zu machen.
- Stelle sicher, dass die richtigen Stakeholder regelmäßig informiert werden.
7. Ungeplante Arbeit (Unplanned Work)
Definition: Aufgaben, die nicht Teil des Sprints oder Backlogs sind, stören den geplanten Arbeitsfluss.
Beispiele:
- Produktionsprobleme, die Ad-hoc-Lösungen erfordern.
- Plötzlich auftretende Anforderungen von Stakeholdern.
Lösung:
- Nutze einen festen Puffer für ungeplante Arbeit.
- Halte die Sprint-Planung diszipliniert ein und weise Ad-hoc-Aufgaben klar zu.
- Überwache den Anteil ungeplanter Arbeit und optimiere Prozesse, um sie zu reduzieren.
8. Qualitätsprobleme (Defects)
Definition: Verzögerungen durch die Notwendigkeit, Fehler zu beheben oder Arbeit erneut auszuführen.
Beispiele:
- Fehlgeschlagene Tests, die Nachbesserungen erfordern.
- Mängel, die erst spät im Prozess entdeckt werden.
Lösung:
- Implementiere Testautomatisierung und kontinuierliche Integration.
- Fördere eine starke Qualitätssicherung, z. B. durch Peer Reviews und TDD (Test-Driven Development).
- Stelle sicher, dass die „Definition of Done“ umfassend ist und Qualität sicherstellt.
Fazit
Diese Verzögerungstypen treten häufig auf und können in Scrum durch klare Prozesse, gute Kommunikation und agile Prinzipien adressiert werden. Ein regelmäßiges Retrospektiv-Meeting ist ein wichtiger Ansatzpunkt, um diese Hindernisse zu identifizieren und kontinuierlich Verbesserungen umzusetzen.