Wie entgehe ich der Einzelgänger Lethargie?

Wer kennt es nicht? Wir arbeiten Sprint für Sprint als Scrum Master oder als Coach mit dem Team. Es stellen sich gute Erfolge ein. Die Kunden geben Feedback das ermuntert, wir gehen den Weg weiter. Der PO hat ein zufriedenes Lächeln an den Meetings.

Trotzdem beschleicht uns von Sprint zu Sprint ein Gefühl der Leere. Ist das überhaupt noch sinnvoll was ich hier mit dem Team tue? Bringte ich das Team als Scrum Master noch weiter? Jeden Tag gehen wir zum Daily oder zu einem anderen Meeting und haben das Gefühl Hauptdarsteller im Film „täglich grüsst das Murmeltier“ zu sein.

Ich nenne diesen Zustand „Die Einzelgänger Lethargie“. Duden definiert Lethargie folgendermassen:
Zustand körperlicher und psychischer Trägheit, in dem das Interesse ermüdet ist.
Dabei werden folgende Eigenschaften beschrieben: gleichgültig, träge, langweilig, schwerfällig, desinteressiert, schlapp, teilnahmslos und viele weitere Worte die nicht sehr inspirierend sind. Im Internet gibt es viele Definitionen oder Synonyme dazu.

Ich konnte diese Phänomene auch bei mir schon beobachten. Denn ich wusste von mir das diese Attribute eigentlich gar nicht so zu mir gehören oder passen. Trotzdem hat es mich enorme Mühen gekostet in der Arbeit gegen die Symptome anzukämpfen. Ich habe lange gebraucht um den Ursachen auf die Schliche zu kommen.

Ich habe angefangen acht zu geben, wann diese Trägheit auftritt und wann sie wieder weg ist. Auffallend oft hatte ich das Gefühl lethargisch zu sein, wenn ich lange und alleine in meiner Rolle oder Aufgabe unterwegs war. Ich konnte mich mit niemandem wirklich über die Herausforderungen und die Probleme meiner Mandate austauschen. Ich war völlig uninspiriert und habe den Team nicht das gegeben was ich als Scrum Master oder als Coach eigentlich geben möchte. Selbst Retrospektiven, etwas was ich eigentlich sehr gerne mache, waren plötzlich eine Last und ich habe den Weg des geringsten Widerstands gewählt und irgendwas genacht was mich wenig Energie gekostet hat.

Es gab aber auch andere Momente. Zum Beispiel wenn ich an einer Scrum User Group war. Da habe ich viele Menschen getroffen die ähnliche Aufgaben zu lösen hatten. Die neue Ideen schilderten und von Erfolgen in ihren Teams erzählten. Ich konnte da auch andere nach ihrer Meinung fragen. Oder wenn ich in einer Firma in der Agilen Gilde oder in der Gilde der Coaches oder Scrum Master besucht habe. Der Austausch hat inspiriert und Lust gemacht Neues auszuprobieren. Auch der Besuch von Konferenzen hat geholfen neue Ideen zu sammeln und Energie zu tanken um neue Aufgaben anzupacken.

Agilität lebt davon das man in einem Team arbeitet und sich austauscht. Aber die Arbeit in einem Team ist nur ein Aspekt von Agilität. Denn wir sind auch Teil einer Gruppe die sich für gewisse Fachthemen interessiert, ausserhalb meines Entwicklungs-Teams. Dort kann ich über meine spezielen Skills reden, lernen und reflektieren. Diese speziellen Skills bringe ich in in meiner Rolle als Coach oder Scrum Master wieder in mein Team. Aber wo kann ich diesen Tank meiner Skills wieder füllen? Wer hilft mir besser zu werden in meiner Rolle? Das Team, in dem ich normalerweise arbeite kann diese Aufghabe nicht unbedingt erfüllen. Die „verbrauchen“ ja meine Ideen und Fähigkeiten. Daher muss ich die Energiequelle anderswo finden.

Immer wenn ich fühle das die „Einzelgänger Lethargie“ sich langsam aufbaut überlege ich mir wo ich wieder Energie herkriege. Wo kann ich mich mit Menschen austauschen welche meine Interessen teilen? Mit diesem Ziel habe ich eine ganze Reihe von Möglichkeiten gefunden meine Inspiration wieder mit Energie zu versorgen. Ich gehe regelmässig zu Scrum User Groups um mich fachlich mit Kollegen zu unterhalten. Ich besuche regelmässig Konferenzen. Dort erhoffe ich mir immer neue Methoden und Ideen zu erlernen und neue, spannende Menschen kennen zu lernen. Dann gibt es noch eine Möglichkeit sich zu regenerieren. Ich treffe mich regelmässig mit Coaches und Scrum Mastern die in einer ähnlichen Arbeitssituation sind. Wir nennen das „Coach Treffen“ Da verbringen wir die Zeit mit „Kollegialer Fallberatung“ Es tut doch immer wieder gut zu sehen das man mit seinen Themen nicht alleine auf der Welt ist. Dieser Perspektivenwechsel bringt sehr viele neue Ansatzpunkte für die Arbeit.

Und sonst…. da gehe ich einfach mal mit anderen Kollegen einen Kaffi trinken und wir erzählen einander wie schwer wir es doch haben und welch grossartigen Heldentaten wir in der letzten Zeit vollbracht haben.

in aller Kürze: Verlasst euer eigenes Silo, geht raus und trefft und redet mit Kollegen und tauscht Ideen und auch mal Sorgen aus. Sucht euch einen Club der euch wieder Inspiration und Energie gibt.
Ihr werdet sehen das die Schwere und Müdigkeit des Alltages plötzlich viel weiter weg ist und das Team wieder einen Coach oder Scrum Master hat der inspiriert und von innen heraus wieder leuchtet. das was wir uns doch alle so sehr wünschen… oder? 😉

Veröffentlicht von

Ruedi

Rudolf "Ruedi" Gysi Liebt Produkte welche Kunden begeistern und Forscher zum Thema Iterative Produktentwicklung. Versucht Work-Systems und Social-Systems nachhaltig miteinander zu verbinden damit wertvolle Arbeitswelten entstehen.

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